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24-09-2024

Vorläufige Pfändung (conservatoir beslag) – eine Besonderheit des niederländischen Verfahrensrechts

Einleitung
Die Möglichkeit einer vorläufigen Sicherheitspfändung (conservatoir beslag) ist eine Besonderheit des niederländischen Verfahrensrechts. Sie kann von Gläubigern als Sicherung von Ansprüchen oder als Druckmittel verwendet werden. Im deutschen Recht existiert kein vergleichbares „Tool“. Mit diesem Beitrag erläutern wir diese Besonderheit des niederländischen Zivilprozessrechts.

Vorläufige Pfändung (conservatoir beslag)
Niederländische Gerichtsverfahren können, wie in Deutschland, einiges an Zeit beanspruchen. Während dem Lauf des Verfahrens besteht die Gefahr, dass der Schuldner Vermögenswerte beiseiteschafft. Dadurch kann der Gläubiger (trotz positiven Endurteils) am Ende „leer“ ausgehen.

Um das zu verhindern, bietet sich die niederländische Sicherungspfändung an. Die Durchführung einer solchen Pfändung ist durchaus üblich und ein beliebtes und häufig auch effektives Druckmittel.

Die vorläufige Sicherungspfändung wird hauptsächlich verwendet bei Nichtbezahlen von offenen Rechnungen und Eintreiben von offenen Geldforderungen.

Gegenstand der vorläufigen Pfändung können sämtliche Vermögensgegenstände sein, also bewegliche, wie auch unbewegliche Sachen und Rechte. Neben der Pfändung beim Schuldner selbst ist auch eine Drittschuldnerpfändung oder eine eigene Pfändung möglich. Erstere ist eine Pfändung von Waren, die ein Dritter dem Schuldner schuldet. Bei der eigenen Pfändung wird eine Forderung gepfändet, die der Gläubiger selbst dem Schuldner schuldet.

Darüber hinaus ist es auch möglich, Beweismittel zu beschlagnahmen (wenn Sie z.B. auschlaggebende Dokumente von der Gegenseite benötigen und erhalten möchten).

Verfahren Vorläufige Pfändung (conservatoir beslag)
Die Voraussetzungen für eine vorläufige Pfändung sind im Beslagsyllabus geregelt. Dieser Leitfaden, der von den Gerichten publiziert wird, enthält eine Checkliste, die die spezifischen Anforderungen für jede Art von Vorpfändung auflistet.

  1. Antragstellung
    Ein niederländischer Anwalt stellt bei Gericht einen Antrag auf vorläufiges „Einfrieren“ des Vermögens des Schuldners. In diesem Antrag müssen immer die Parteien benannt werden, die Zuständigkeit des jeweiligen Gerichtes begründet werden, der Sachverhalt kurz dargestellt und der Anspruch begründet werden. In einigen Fällen muss auch begründet werden, warum Sorge besteht, dass ein späterer Zugriff auf das Vermögen verhindert werden könnte. Daraufhin erhält der Antragsteller in der Regel innerhalb weniger Tage (idR 1-3 Tage) vom Gericht im Rahmen eines vorläufigen Rechtsbehelfsverfahrens eine Genehmigung zur vorläufigen Pfändung des Schuldnervermögens.

    Im Allgemeinen wird die beabsichtigte Pfändung nicht angekündigt, um den Schuldner daran zu hindern, sein Vermögen vor der Pfändung zu verstecken.
     
  2. Beauftragung des Gerichtsvollziehers
    Mit Hilfe des vom Gericht erhaltenen Beschlusses kann der Gerichtsvollzieher mit der vorläufigen Pfändung beauftragt werden. Gerichtsvollzieher sind in den Niederlanden per Gesetz als empfangende und übermittelnde Behörde ernannt und können auf Grund dessen amtliche Handlungen vornehmen.
     
  3. Einleitung der Hauptsache
    Da die Pfändung für den Schuldner sehr einschneidend ist, muss das Hauptsacheverfahren grundsätzlich, soweit es nicht bereits läuft, innerhalb von 14 Tagen durch die Zustellung der Klage eingeleitet werden. Im Rahmen dessen soll der Anspruch tatsächlich vom Gericht festgestellt werden. In der Regel ist es auch im Interesse des Schuldners zügig vorzugehen. In internationalen Streitigkeiten wird auf Antrag häufig eine längere Frist für die Einleitung der Hauptsache festgesetzt.

    Wenn das Gericht den geltend gemachten Anspruch jedoch zurückweist, wird die vorläufige Pfändung hinfällig und der Kläger haftet unter Umständen für den durch die vorläufige Pfändung verursachten Schaden.
     
  4. Kosten
    Bis zur Aufhebung der vorläufigen Pfändung, gleich ob durch den Gläubiger oder ein Gericht, gilt die Pfändung für alle Vermögenswerte des Schuldners. Der Antragsteller trägt die einmaligen Gerichtskosten für die vorläufige Pfändung. Im Jahr 2024 belaufen sich diese Kosten für Unternehmen auf 688 Euro (aktuelle Übersicht siehe rechtspraak.nl).

Vorgehen gegen die vorläufige Sicherheitspfändung
Der Schuldner kann gegen die Pfändung in Form eines Aussetzungsunterlassungsverfahrens vorgehen. Ziel dieses Verfahrens ist es, die Pfändung abzuwehren bzw. aufzuheben. Der Antrag muss direkt beim Richter eingereicht werden und dieser wird in einem (separaten) Verfahren innerhalb kürzester Zeit eine Anhörung anberaumen.

Der Schuldner kann außerdem bei einer offenen Geldforderung eine alternative Sicherheitsleistung anbieten, was zur Aufhebung der vorläufigen Pfändung durch den Richter führen kann.

Eine gerichtliche Aufhebung geschieht neben der Bereitstellung einer angemessenen Sicherheit (z.B. eine Bankgarantie), wenn der Anspruch nicht besteht und/oder die Pfändung unangemessen ist.

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