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28-05-2020

Neues Urteil über die Folgen von COVID-19 für M&A-Transaktionen

Am 14. Mai 2020 erließ das Amsterdammer Gericht des vorläufigen Rechtsschutzes ein Urteil über die Frage, ob Nordian Capital als potenzielle Käuferin, nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie, die Pflicht hatte, einen Aktienkaufvertrag (SPA) zu unterschreiben. Nordian Capital wollte von der Transaktion zurücktreten, u.a. aufgrund der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs auf die Transaktion.

Tatsachen
Im Oktober 2019 wurde für den Verkauf der Anteile am Kapital der J-Club International Holding B.V. (J-Club) eine controlled auction eröffnet. Nordian Capital gab am 24. Februar 2020 ein verbindliches Angebot ab. Nachdem die Anteilseigner sich für Nordian Capital als Kaufinteressenten entschieden hatten, fanden zwischen den Parteien Verhandlungen statt. Während dieser Verhandlungen wurde auch über die Corona-Krise gesprochen. Im Kaufvertrag (SPA) wurde letztendlich keine MAC-Klausel (material adverse clause) oder besondere „Corona-Klausel“ aufgenommen. Der SPA enthielt aber zwei aufschiebende Bedingungen (closing conditions): die Sicherstellung der Finanzierung und die Einholung der Zustimmung der deutschen Wettbewerbsbehörde.

Die Parteien haben sich schließlich am 28. Februar 2020 auf ein Vollzugsprotokoll (signing protocol) geeinigt, das sie unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses einer W&I-Versicherung durch Nordian Capital, dazu verpflichtete den SPA zu unterschreiben. Aufgrund des Vollzugsprotokolls hatte Nordian Capital ihre ‘best efforts’ anzuwenden, um innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Unterzeichnung des Vollzugsprotokolls eine W&I-Versicherung abzuschließen, die eine Mehrheit möglicher Ansprüche wegen Verletzung von Garantien und Freistellungsverpflichtungen im SPA abdecken sollte.

Nach Ablauf der 10-tägigen Frist teilte Nordian Capital den derzeitigen Anteilseignern von J-Club mit, dass sie die Transaktion in Erwartung der Auswirkungen der Corona-Krise auf das Geschäft von J-Club, aufschieben wollte. Die Anteilseigner von J-Club haben daraufhin ein Verfahren der einstweiligen Anordnung gegen Nordian Capital angestrengt. Mit ihrer Klage begehrten sie – kurz gesagt – die Erfüllung der Bedingungen des Vollzugsprotokolls und somit die Unterzeichnung des SPA’s.

Das Urteil
Zunächst führte Nordian Capital zu ihrer Verteidigung an, dass es ihr nicht gelungen sei, eine W&I-Versicherung abzuschließen. Das Gericht urteilt diesbezüglich, dass Nordian Capital durch Ablehnung des Angebots einer W&I-Versicherung selbst den Eintritt der aufschiebenden Bedingung verhindert hat. Aus diesem Grund gilt die aufschiebende Bedingung als eingetreten und Nordian Capital wird vom Gericht dazu aufgefordert, den SPA innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Urteilsdatum zu unterschreiben.

Ferner argumentierte Nordian Capital, dass sowohl das Vollzugsprotokoll als auch der SPA geändert werden müssten, weil der COVID-19-Ausbruch als ein unvorhersehbarer Umstand zu gelten hätte. Das Gericht urteilt, dass das Vollzugsprotokoll lediglich dazu verpflichtet, den SPA zu unterzeichnen, was nicht bedeutet, dass das Protokoll auch eine Verpflichtung zur Vollziehung des SPA’s umfasst. Der SPA enthielt ferner noch einen Finanzierungsvorbehalt. Nach Auffassung des Gerichts haben die derzeitigen Anteilseigner von J-Club ein Interesse an Nordian Capital‘s Unterzeichnung des SPA’s, da dieser Vertrag Nordian Capital eine weitgehende Handlungspflicht zur Sicherstellung der Finanzierung auferlegt.

Daher besteht nach Auffassung des Gerichts kein Grund, dass die derzeitigen Anteilseigner von J-Club nach den Maßstäben der Angemessenheit und Billigkeit eine unveränderte Einhaltung des Vollzugsprotokolls nicht erwarten durften.

Das Gericht stellt demgemäß im Ergebnis fest, dass Nordian Capital nicht ausreichend überzeugend nachgewiesen hat, dass der SPA in seiner jetzigen Form nicht unterschrieben werden konnte. Das Gericht bezieht sich dabei u.a. darauf, dass (i) die Parteien während der Verhandlungen über die Auswirkungen des Corona-Ausbruchs gesprochen haben und, dass diese Gespräche nicht zu der Aufnahme einer MAC- oder besonderen Corona-Klausel im SPA geführt haben, (ii) zur Zeit der Unterzeichnung des Vollzugsprotokolls in China bereits ein Lockdown verhängt war und auch in Europa bereits Neuinfektionen festgestellt waren und (iii) europäische Länder ihre Beschränkungen derzeit bereits lockerten.

Das Gericht befiehlt Nordian Capital unter Verhängung eines Zwangsgelds, den SPA zu unterzeichnen.

Zum Schluss
Der Netherlands Commercial Court (NCC) hat hiervor bereits ein Urteil erlassen, in dem die Folgen der Corona-Krise eine Rolle gespielt haben. Weitere Informationen zu diesem Urteil finden Sie hier.

Sollten Sie weitere Fragen zu dem vorstehenden Thema, oder zu den Auswirkungen von COVID-19 auf M&A Transaktionen haben, stehen unsere M&A-Spezialisten Ihnen gerne zur Verfügung.

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