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29-07-2024

Vollstreckung ausländischer Urteile in den Niederlanden (ausgenommen Schiedsverfahren)

Einleitung
Die Vollstreckung von Gerichtsurteilen über Ländergrenzen hinweg kann ein komplexes Unterfangen sein, aber die Niederlande bieten einen soliden Rechtsrahmen, um dieses Verfahren zu erleichtern. Dieser Beitrag befasst sich mit den wichtigsten Verfahren und Rechtsgrundsätzen, die für die Vollstreckung ausländischer Urteile in den Niederlanden gelten.

Bei der Beurteilung der Vollstreckung von ausländischen Urteilen in den Niederlanden sind diese zu differenzieren:

  1. Urteile aus EU-Ländern die die Brüssel-I-Verordnung (Neufassung) gilt;
  2. Urteile aus anderen Ländern mit denen die Niederlande ein Abkommen oder einen Vertrag geschlossen hat; oder
  3. Urteile aus anderen Ländern mit dem die Niederlande kein Übereinkommen oder einen Vertrag geschlossen hat.

Kategorie 1. EU-Urteile
Urteile, die in einem EU-Land ergangen sind, sind in den Niederlanden vollstreckbar, ohne dass eine weitere Genehmigung (Exequatur) beantragt werden muss. Einem niederländischen Gerichtsvollzieher sind (1) eine Ausfertigung des Urteils vorzulegen, welche die Echtheit nachweist, und (2) eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung des Erlassgerichts.

Der Schuldner, der mit Vollstreckungsmaßnahmen konfrontiert wird, hat jedoch die Möglichkeit, ein Gerichtsverfahren einzuleiten und die Verhinderung der Vollstreckung zu beantragen. Die Vollstreckung wird eingestellt, wenn:

  • die Anerkennung gegen die niederländische öffentliche Ordnung verstoßen würde;
  • das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, gegen den ein Versäumnisurteil ergangen ist, nicht in der für seine Verteidigung erforderlichen Weise zugestellt worden ist, es sei denn, der Beklagte hat keinen Einspruch gegen das Urteil eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte;
  • das Urteil mit einem in den Niederlanden zwischen denselben Parteien ergangenen Urteil unvereinbar ist; oder
  • die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in den Niederlanden erfüllt.

Liste der Vertragsparteien der Brüssel I Verordnung (Neufassung):
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Polen, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

Kategorie 2: Urteile, die in einem anderen Staat ergangen sind, mit dem die Niederlande ein Abkommen oder einen Vertrag geschlossen hat
Die Formalitäten im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Urteilen, die in einem anderen Land erlassen wurden, mit dem die Niederlande einen Vertrag geschlossen haben, werden durch den anwendbaren Vertrag bestimmt. Bei Verweis auf innerstaatliches Recht durch den Vertrag, muss ein Antrag auf Vollstreckung bei den niederländischen Gerichten gestellt werden (sog. Exequaturverfahren). Dem Antrag sind eine beglaubigte Abschrift des Urteils und Dokumente beizufügen, aus denen die Vollstreckbarkeit im Ursprungsland hervorgeht. Das niederländische Gericht prüft den Fall nicht inhaltlich, sondern stellt fest, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen nach dem anwendbaren Vertrag erfüllt sind. Das niederländische Gericht gibt dem Schuldner die Möglichkeit, sich gegen die Vollstreckung zu wehren. Die Gründe für die Ablehnung der ausländischen Vollstreckung sind in den einschlägigen Verträgen festgelegt. Aus dem Luganer Übereinkommen geht beispielsweise hervor, dass ein Urteil nicht vollstreckt werden darf,

  • wenn die Anerkennung offensichtlich gegen die niederländische öffentliche Ordnung verstoßen würde;
  • wenn ein Versäumnisurteil ergangen ist, und dem Beklagten ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in der Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat es versäumt, ein Verfahren zur Anfechtung des Urteils einzuleiten, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte;
  • wenn es mit einem Urteil zwischen denselben Parteien unvereinbar ist, das in den Niederlanden ergangen ist; und
  • wenn es mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in den Niederlanden erfüllt.

Liste der Vertragsparteien des Lugano-Übereinkommens:
Dänemark, Island, Norwegen, Schweiz.

Liste der Vertragsparteien des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Mexiko, Montenegro, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Singapur, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern.

Liste der Vertragsparteien des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen:
Albanien, Zypern, Kuwait, Portugal.

Liste der Länder, mit denen die Niederlande ein bilaterales Vollstreckungsabkommen geschlossen haben:
Albanien, Chile, Guernsey, Isle of Man, Jersey, Kuwait, Liechtenstein, Mexiko, Surinam.

Das Königreich der Niederlande
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das Königreich der Niederlande aus mehreren Regionen besteht, nämlich neben den Niederlanden aus Aruba, Curacao und St. Martin sowie aus einigen öffentlichen Einrichtungen mit einem Status, der mit dem einer niederländischen Gemeinde vergleichbar ist, nämlich Bonaire, St. Eustace und Saba. Urteile aus diesen Regionen oder Körperschaften gelten als inländische Urteile und sind in den Niederlanden vollstreckbar.

Kategorie 3. Urteile, die in einem anderen Land ohne Vertrag ergangen sind
Urteile aus einem anderen Land ohne Abkommen sind nicht vollstreckbar und müssen in den Niederlanden neu verhandelt werden. Das niederländische Gericht wird jedoch keine inhaltliche Prüfung vornehmen, wenn das ausländische Verfahren und das Urteil bestimmte, durch die niederländischen Rechtsprechung festgelegte, Kriterien erfüllen, z. B:

  • Die Zuständigkeit des urteilenden Gerichts ist durch einen nach internationalen Standards allgemein anerkannten Zuständigkeitsgrund begründet;
  • das ausländische Urteil ist das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens, das die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verfahren erfüllt;
  • die Vollstreckung der ausländischen Entscheidung verstößt nicht gegen die niederländische öffentliche Ordnung; und
  • die ausländische Entscheidung ist nicht unvereinbar mit einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien oder mit einer früheren Entscheidung eines ausländischen Gerichts in einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand, sofern diese frühere Entscheidung in den Niederlanden vollstreckbar ist.

Wenn eines oder mehrere dieser Kriterien nicht erfüllt sind, bewertet das niederländische Gericht den Rechtsstreit inhaltlich neu.

Brexit
Nach dem Brexit ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Vertragspartei der Brüssel-I-Verordnung (Neufassung). Daher fallen Urteile aus dem Vereinigten Königreich in Kategorie 3), es sei denn, das Haager Gerichtsstandsübereinkommen findet Anwendung. Aus der jüngeren Rechtsprechung geht hervor, dass das Brüsseler Übereinkommen und der bilaterale Vertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden infolge des Brexit nicht wieder aufleben.

Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie Fragen zur Vollstreckung eines ausländischen Urteils in den Niederlanden haben.

Stellen Sie Ihre Fragen gerne in eigener Sprache? Dann steht unsere Leiterin des German Desks, Friederike Henke, Ihnen zur Verfügung – nehmen Sie gerne Kontakt auf.

Ansprechpartner

Klaas van der Graaf

Partner | Lawyer
Senden Sie mir eine E-Mail
+31 (0)20 237 1101

Sam Amrani

Associate | Lawyer
Senden Sie mir eine E-Mail
+31 (0)20 237 1114

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