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02-04-2020

M&A in den Zeiten von Corona | Alles über laufende, vollzogene und zukünftige M&A Transaktionen

In den gegenwärtigen Turbulenzen der Corona-Krise liegen geplante M&A Deals weltweit auf Eis. Angesichts der enormen Auswirkungen, die das Virus auf die Geschäftstätigkeit und insbesondere auf Unternehmen hat, gehen die Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen enorm zurück.

Unternehmen, die mit einer von einem Arbeitsausfall stark betroffenen Belegschaft, einer ausgelöschten Nachfrage oder einer unterbrochenen Lieferkette konfrontiert sind, müssen um ihr Überleben kämpfen. Niemand kann sagen, wie lange diese unsichere und bedrohliche Situation noch andauern wird. Es ist jedoch klar, dass die aktuelle Geschäftstätigkeit aufgrund nationaler und internationaler Reiseverbote, der Beschränkung des öffentlichen Lebens sowie den Einschränkungen in Bezug auf das Zusammenkommen von Menschen schwierig geworden ist. COVID-19 zeigt nicht nur unsere menschliche Verwundbarkeit auf, sondern auch die unserer global integrierten Gesellschaften, Volkswirtschaften und Unternehmen.

Andrerseits leben wir in einer modernen Zeit. Die Entwicklung unserer Wissenschaft und der Technologie sollte es den Regierungen ermöglichen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Virus zu verlangsamen und letztendlich zu stoppen. Leider wird dies möglicherweise länger dauern, als wir es uns wahrscheinlich wünschen.

In Zeiten rückläufiger M&A-Aktivitäten sollten M&A-Spezialisten sich auf die Auswirkungen des Virus auf laufende, bereits vollzogene und zukünftige Transaktionen konzentrieren. BURENs M&A-Spezialisten haben sich mit diesen Auswirkungen bereits auseinandergesetzt. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist dieses Alert, das auf einer Veröffentlichung auf der niederländischen Website für M&A basiert.

1. Laufende M&A-Deals

Rücktritt von Verhandlungen
Viele laufende Transaktionen hängen derzeit in der Luft, da sowohl Verkäufer als auch Käufer vor dem aktuellen Sturm Schutz suchen. Verkäufer befürchten, dass sie nicht den vereinbarten Kaufpreis erhalten oder dem Käufer (zu) weitreichende Zusicherungen und Gewährleistungen abgeben müssen. Käufer versuchen, einen Teil der Risiken, die durch die herrschende Verunsicherung entstehen, auf den Verkäufer zu übertragen. Zudem werden Käufer sich davon überzeugen wollen, wie sich die Corona-Krise auf die Geschäftslage des zu erwerbenden Unternehmens und den Verkaufspreis auswirken wird.

In der Regel wird bei der Unternehmensbewertung ein Multiplikator auf das vom Zielunternehmen – vor der Corona-Krise – erwirtschaftete EBIT(DA) (Gewinn vor Zinsen und Steuern (und Abschreibungen)) angewendet. Das EBIT(DA) nach Eintritt der Corona-Pandemie kann davon ernsthaft abweichen. Es gab bereits Witze auf Twitter in Bezug auf EBITDAC, wobei das "C" für "Corona-Virus" steht. Verändernde Geschäftsperspektiven dürften sich auch auf die externe Finanzierungen von Transaktionen auswirken. Nach niederländischem Recht hängt es vom tatsächlichen Stand der Verhandlungen und von dem Letter of Intent oder Term Sheet ab, ob die Parteien die Möglichkeit haben, von den Verhandlungen zurückzutreten, oder ob sie der anderen Partei Kosten oder Schadenersatz erstatten müssen.

MAC-Klausel
Wenn bei einer laufenden Transaktion der Vertrag bereits unterzeichnet wurde, also nach dem Signing, befindet sich die Transaktion in einer Zwischenphase, die auf den Vollzug des Vertrags, also das Closing, wartet. In dieser Zwischenphase müssen bestimmte Bedingungen, wie z.B. behördliche Genehmigungen, Einschaltung Dritter oder Finanzierungen, erfüllt werden. Haben die Parteien eine Material Adverse Change (MAC)-Klausel vereinbart, können beide Parteien in der Regel die Transaktion beenden, ohne sie zu vollziehen und ohne dass der anderen Partei Kosten oder Schäden zu erstatten sind – unter der Voraussetzung, dass die Bedingungen einer solchen MAC-Klausel erfüllt sind. Wenn die entsprechende MAC-Klausel Pandemie-Situationen abdeckt, sind Rücktrittsrechte gesichert. In den meisten Fällen wird COVID-19 die Kennzahlen des Zielunternehmens (Targets) schwerwiegend beeinträchtigen. Wenn sich die Parteien nicht auf eine MAC-Klausel geeinigt haben, enthält der Kaufvertrag in der Regel ein Rücktrittsrecht für den Verkäufer, den Käufer oder für beide Parteien für den Fall, dass erwartungsgemäß eine oder mehrere der in dem Vertrag vorgesehenen Bedingungen nicht erfüllt sind oder werden.

Üblicher Geschäftsbetrieb
Die meisten SPA‘s (Share Purchase Agreement) enthalten auch Klauseln, die den Verkäufer in der Zwischenphase (zwischen Signing und Closing) verpflichten, den üblichen Geschäftsbetrieb des Zielunternehmens weiterzuführen. Für jegliche geschäftliche Maßnahmen außerhalb des üblichen Geschäftsbetriebs bedarf der Verkäufer der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Käufers. In diesen Zeiten ist es vorauszusehen, dass Verkäufer unkonventionelle Maßnahmen ergreifen, um das Zielunternehmen überleben zu lassen. Wenn solche Maßnahmen außerhalb des üblichen Geschäftsbetriebs liegen, haben die Parteien (normalerweise der Käufer) möglicherweise das Recht, von dem Kaufvertrag zurückzutreten. Ob der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer alle entstandenen Kosten zu erstatten, hängt vom weiteren Inhalt des Kaufvertrags ab. Eine ausgewogene Vertragsgestaltung kann Verkäufer vor Ansprüchen von Käufern schützen.

Representations & Warranties
Ein weiterer bei M&A-Deals zu berücksichtigender Aspekt in der Phase zwischen Signing und Closing, ist, dass die meisten SPA’s den Verkäufer zur Abgabe umfangreicher Zusicherungen und Gewährleistungen (representations & warranties) gegenüber dem Käufer verpflichten. Selbst wenn die Corona-Krise ein Unternehmen nicht so getroffen hat, dass es zu einem MAC oder zu außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs liegenden Maßnahmen kommt, sollten Verkäufer sorgfältig prüfen, ob jede einzelne beim Signing abgegebene Zusicherung und Gewährleistung beim Closing noch zutreffend ist.

2. Vollzogene M&A Deals

Wahrscheinlichkeit von Kaufpreisanpassungen
Transaktionen, die bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise vollzogen worden sind, werden voraussichtlich betroffen, wenn ein Kaufpreisanpassungsmechanismus, wie z.B. ein Earn-out, vereinbart wurde. Die Käufer werden die Last der rückläufigen Gewinne des Zielunternehmens auf die Verkäufer verlagern wollen, indem sie die Earn-out-Zahlungen senken. Wenn die Earn-out-Zahlung auf der Grundlage des Umsatzes des Zielunternehmens bestimmt werden soll, liegen niedrigere Earn-out-Zahlungen auf der Hand. Wenn sich ein solcher Earn-out auf das EBIT(DA) stützt, ist es für die Höhe des Earn-outs umso ausschlaggebender, ob das Zielunternehmen bei der vorübergehenden Kostensenkung erfolgreich ist. Höhere Kosten werden das EBIT(DA) und demzufolge den voraussichtlichen Earn-Out deutlich reduzieren. Auch hier ist ein Kaufvertrag, der sowohl die Interessen des Verkäufers als auch des Käufers gut ausgleicht, von entscheidender Bedeutung. Haben sich die Parteien beispielsweise darauf geeinigt, einmalige Effekte, wie z.B. vorübergehende Kosten, die den relevanten Earn-Out-EBIT(DA) beeinflussen, außer Acht zu lassen? Wenn nicht, wird der Käufer davon profitieren und sogar den EBIT(DA) in dieser Hinsicht weiter beeinflussen können.

In einer schrumpfenden Wirtschaft nehmen in der Regel Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen zu. Wir erwarten daher eine steigende Anzahl von Earn-out-Streitigkeiten.

3. Zukünftige Geschäfte: allgemeine Corona-Effekte
Bei künftigen Transaktionen ist zu erwarten, dass die Auswirkungen von COVID-19 auf die Geschäfte des Zielunternehmens überall zu spüren sein werden.

Einige auffällige Beispiele sind:
Wurden die Unternehmensentscheidungen des Zielunternehmens durch die Verletzung von Einberufungs-, (digitalen) Anwesenheits- oder Beschlussfähigkeitsanforderungen beeinträchtigt? Wenn ja, wurde dies entsprechend geheilt?
Hat das Zielunternehmen Notfallfinanzierung beansprucht und erfüllt es die entsprechenden Bedingungen?
Hat das Zielunternehmen materielle Verträge gebrochen? Kann das Zielunternehmen auf Schadenersatz klagen oder verklagt werden oder ist dies zu erwarten? Enthalten diese Vereinbarungen Preisanpassungen / Neuverhandlungsmechanismen?
Hat das Zielunternehmen Versicherung abgeschlossen, die durch COVID-19 verursachte Verluste übernimmt?
Wurden irgendwelche Anmeldungsfristen versäumt, z.B. in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte oder Genehmigungen?
Gibt es Auswirkungen auf die Lizenzierung oder den Datenschutz beim Homeoffice?
Wie ist der Stand der anhängigen Rechtsstreitigkeiten und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit neuer Verfahren, z.B. bei Vertragsbruch?
Wurden die Rentenbeiträge während der Krise vollständig bezahlt?
Hat das Zielunternehmen einen Steueraufschub beantragt?
Verkäufer sollten darauf vorbereitet sein, dass Käufer äußerst sensibel mit diesen Themen umgehen. Aus diesem Grund sollten Verkäufer alle Unterlagen über die Auswirkungen von COVID 19 auf die Unternehmensergebnisse zur Verfügung haben und die Maßnahmen angeben, die zu deren Linderung ergriffen wurden. Käufer sollten diese während der Due Diligence gründlich untersuchen.

Tschüss, Locked Box?
In der Phase der Vertragsverhandlungen erwarten wir, dass COVID-19 zu spezifischen Bestimmungen führen wird.

Locked Box, der am häufigsten verwendete Mechanismus zur Bestimmung des Kaufpreises bei einem Anteilsverkauf, wird voraussichtlich durch den traditionelleren Closing Accounts Mechanismus ersetzt werden mit einer traditionellen Bestimmung zur Anpassung des Betriebskapitals, um die Risiken bei sinkendem Betriebskapital für Käufer zu begrenzen. Gibt es einen Anpassungsmechanismus (in Bezug auf COVID 19), der auf das Betriebskapital des Unternehmens angewendet werden kann (z.B. untypische Einziehung von Forderungen oder Zahlung von Verbindlichkeiten, einmalige Strafzahlungen)? Eine Debatte über das angemessene Zielniveau des Betriebskapitals ist zu erwarten, insbesondere darüber, ob Anpassungen an das historische durchschnittliche Niveau des Betriebskapitals vorgenommen werden müssen, um die kurz- und mittelfristigen Corona-Auswirkungen zu berücksichtigen.

Earn-Outs
Es ist zu erwarten, dass Earn-out-Mechanismen zur Überbrückung von Preisunterschieden nach Corona immer beliebter sein werden. Die Bedingungen dafür sollten jedoch sorgfältig und unter Berücksichtigung des Faktors "Unsicherheit" ausgehandelt werden, da niemand in der Lage ist, das Ausmaß und die Dauer der Auswirkungen von Corona auf die finanzielle Leistung des Unternehmens vorherzusagen.

Vollständige Offenlegung und COVID-19 Gewährleistungen 
Verkäufer sollten so viel wie möglich über die (potenziellen) Auswirkungen des Corona-Virus auf das Geschäft des Zielunternehmens und seine (potenziellen) Auswirkungen offenlegen, um eine angemessene Verteidigung im Schadensfall zu gewährleisten.

Käufer sollten ihrerseits diesen Aspekten in den "Fragen und Antworten" Aufmerksamkeit schenken und in Erwägung ziehen, zusätzliche Zusicherungen und Garantien in Bezug auf Notfallprotokolle des Zielunternehmens, die Notfallplanung, Business-Continuity-Prozesse, nicht offengelegte Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem Virus, den Status wesentlicher Verträge und deren Leistung, die Angemessenheit der Lieferkette und des Bestands, die Erfüllbarkeit von Forderungen, die Fähigkeit zur Zahlung von Verbindlichkeiten und andere negative Auswirkungen des Virus einzuholen.

Die Einholung behördlicher Genehmigungen könnte mehr Zeit als derzeit in Anspruch nehmen, und realistische langfristige Stoppdaten könnten weiter in der Zukunft geplant werden.

Checkliste
All diese Beispiele führen zu der Schlussfolgerung, dass sich die Auswirkungen der Corona-Krise noch lange nach dem Besiegen des Virus wiederholen werden. Sowohl Verkäufer als auch Käufer sollten sich darauf vorbereiten, um neue Transaktionen Corona-proof zu machen.

Die M&A-Spezialisten von BUREN haben dafür als ersten Schritt eine nicht umfassende Checkliste erstellt. Diese Checkliste wird in den kommenden Monaten überarbeitet und erweitert werden, während wir mehr darüber erfahren, welche weiteren rechtlichen Auswirkungen Corona auf Unternehmen und M&A haben wird.

Bitte wenden Sie sich bezüglich der Checkliste an uns.

„Closing“
In seinem 1985 veröffentlichten Roman "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" verwies der kolumbianische Nobelpreisträger Gabriel García Márquez nicht auf M&A-Aktivitäten in Zeiten einer Pandemie. Dennoch wird M&A auch die Corona-Zeit überwinden. Die Auswirkungen des Virusausbruchs werden im gesamten Geschäftsfeld spürbar sein. Nicht nur laufende Transaktionen werden betroffen sein, sondern auch bereits vollzogene und zukünftige Transaktionen. In unserem nächsten Alert werden wir die Auswirkungen von COVID-19 auf zukünftige Transaktionen analysieren.

Ansprechpartner

Paul Josephus Jitta

Partner | Lawyer
Senden Sie mir eine E-Mail
+31 (0)20 333 8395

Friederike Henke

Leiterin German Desk | Advocaat & Rechtsanwältin
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+31 20 333 8390

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